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Das Befallsmuster, die Anzahl der betroffenen Gelenke, die Akuität des Geschehens, sowie die Gegenwart extraartikulärer Symptome können wertvolle Hinweise auf die jeweils zugrundeliegende Erkrankung geben. Ausgehend vom Befallsmuster wird im Folgenden auf Ursachen, mögliche Differenzialdiagnosen und charakteristische Symptome von Arthropathien eingegangen. Für die jeweilige klinische Symptomatik sinnvolle Laboruntersuchungen sind im Anhang Rheumatologische Stufendiagnostik aufgeführt.

Gelenkschwellung (Arthritis) der kleinen Gelenke

Monoartikulärer und akuter Befall

Differentialdiagnostisch sind vor allem in Erwägung zu ziehen:

Die septische Arthritis geht mit heftigem (Berührungs-)Schmerz, Gelenkrötung, Gelenküberwärmung, Fieber und reduziertem Allgemeinzustand einher. Eine sofortige diagnostische Abklärung ist notwendig, wobei hier der Rheumatologe oder rheumatologische Orthopäde konsultiert werden soll [9]. Tritt bei einer bekannten Rheumatoiden Arthritis oder Kollagenose plötzlich an einem (oder zwei) Gelenk(en) eine Gelenkschwellung auf, so ist trotz afebrilem Verlauf und Indolenz auch an die septische Arthritis zu denken! [3]

Häufigste Erreger einer septischen Arthritis sind Staphyloccocus aureus, gefolgt von Streptokokken und gramnegativen Bakterien (H. influenzae, insbesondere bei Kindern im Alter unter 5 Jahren, E. coli, Pseudomonas) und Neisseria gonorrhoeae [3].

Der akute Gichtanfall geht mit Fieber, Schüttelfrost, Tachykardie und Nausea einher.

 
Monoartikulärer und chronischer (schleichender) Befall

Differentialdiagnostisch ist in vor allem Erwägung zu ziehen:

Etwa 25 % der Psoriasis-Patienten entwickeln Gelenkbeschwerden, etwa 1 - 4 % eine schwere Arthritis. Häufig imponieren die typischen Hauterscheinungen (erythrosquamöse Herde, Tüpfelnägel, „psoriatischer Ölfleck“, Köbner-Phänomen), gelegentlich können Gelenksymptome jedoch den Hauterscheinungen vorangehen. Mitunter kann die Abgrenzung gegenüber der Rheumatoiden Arthritis schwierig sein [20]. Für die Psoriasis-Arthritis gibt es keine spezifische Laboranalytik. Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit und C-reaktives Protein sind phasenweise erhöht, können aber auch normal ausfallen. Vor allem bei der „Rheumatoiden Arthritis ähnelnden Psoriasis-Arthritis“ ist die Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit mittel bis deutlich erhöht. Differentialdiagnostisch sollte in Betracht gezogen werden, dass gelegentlich auch gelenknahe Neoplasien Ursache von Monarthritiden mit schleichendem Beginn sein können.

Oligo-/polyartikulärer und akuter Befall

Sind 2 bis 4 Gelenke betroffen, handelt es sich um eine Oligoarthritis, bei mehr als 4 Gelenken liegt eine Polyarthritis vor. Bei diesem Befallsmuster sind differentialdiagnostisch vor allem in Erwägung zu ziehen:

Das Basislabor liefert in dieser Situation zumeist wegweisende Befunde, die einen entsprechenden Verdacht erhärten oder anhand derer einige dieser Erkrankungen ausgeschlossen werden können. Bei V. a. SLE oder Vaskulitis können ergänzende Analysen hilfreich sein (vgl. Anhang Rheumatologische Stufendiagnostik, 2. und 3. Stufe).

Oligo-/polyartikulärer und chronischer (schleichender) Befall

In diese Gruppe gehören vor allem die

  • Handarthrosen

Die Laboranalytik ist hierbei gewöhnlich unergiebig.

Gelenkschwellung (Arthritis) der mittleren und großen Gelenke

Monoartikulärer und akuter Befall

Differentialdiagnostisch kommen hier zahlreiche entzündlich-rheumatische Erkrankungen in Betracht:

Bei Rheumatoider Arthritis zeigen etwa 30 % der Patienten als Frühsymptom lediglich eine Monarthritis.

Bei der Lyme-Arthritis handelt es sich typischerweise um eine Monarthritis, die bevorzugt das Kniegelenk betrifft [23, 24]. Sie tritt in der Regel erst im fortgeschrittenen Krankheitsstadien (Stadium III) mindestens 6 Monate nach der Infektion mit Borrelia burgdorferi sensu lato auf (Stadium II oder III) [9]. In früheren Stadien der Infektion (zumeist Stadium II) sind eher rezidivierende, oft migratorische Oligo- oder Polyarthralgien typisch. Ein negatives Ergebnis für Borrelia burgdorferi-IgG-Ak schließt eine Lyme-Arthritis weitestgehend aus.

Das LÖFGREN-Syndrom, eine Untergruppe der Sarkoidose, kommt bevorzugt bei jüngeren Frauen vor und befällt häufig das Sprunggelenk. Labordiagnostisch kommt vor allem dem Ausschluss anderer Ursachen Bedeutung zu [4]. Zur Verlaufskontrolle vgl. auch Anhang Rheumatologische Stufendiagnostik, 2. und 3. Stufe [19]

Monoartikulärer und chronischer (schleichender) Befall

In diese Gruppe gehören Arthrosen und Tumoren.

Oligo-/polyartikulärer und akuter Befall

Diese Klinik können folgende Erkrankungen zeigen:

Oligo-/polyartikulärer und chronischer (schleichender) Befall

In dieser Gruppe findet man Psoriasis-Arthritis und Arthrose.

Palindromer Rheumatismus (saltatorische Arthritis)

Saltatorische Arthritiden sind häufig infektassoziiert:

  • Rheumatisches Fieber (ß-hämolysierende Streptokokken der Serogruppe A)
  • Parvovirus B19 assoziierte Arthritis
  • Borreliose, v. a.  Stad. II (s. o.)

Das rheumatische Fieber ist heute sehr selten. Auslösend ist gewöhnlich eine etwa 2 – 4 Wochen vorher stattgehabte Pharyngitis, die in ca. 30 % der Fälle asymptomatisch verläuft. Die diagnostischen Kriterien nach Jones umfassen als Major-Manifestationen die Karditis, Polyarthritis, Chorea, das Erythema marginatum und die typischen subkutanen Knoten; Minor-Manifestationen sind Fieber, Arthralgien und frühe-re Episoden des gleichen Krankheitsbildes. Die saltatorische Polyarthritis tritt in etwa 75 % der Fälle auf, dauert 1 Woche und befällt in erster Linie große Gelenke wie das Knie-, Sprung-, Ellenbogen- oder Hand-gelenk [19, 26]. Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A lassen bei 25 – 40 % aller Patienten im oberen Respirationstrakt nachweisen. Antikörper gegen Streptokokken-Exotoxine (Streptolysin O und/oder DNase B und/oder Hyaluronidase) lassen sich in 95 % der Fälle nachweisen [26]. Wegen der hohen Prävalenz von Streptokokkenantikörpern sind erhöhte Konzentrationen jedoch nicht beweisend. Bleiben die Antikörpernachweise allerdings negativ, so ist die Diagnose „Rheumatisches Fieber“ sehr unwahrscheinlich (hoher negativ prädiktiver Wert) [26, 27]. Bedeutsam sind Titeranstiege, erhöhte Einzel-werte haben wegen der hohen Durchseuchung wenig Aussagekraft [19]. Besondere Aufmerksamkeit ist hin-sichtlich der Erfassung extraartikulärer, z. B. renaler Manifestationen geboten. Wegen der Seltenheit des rheumatischen Fiebers stellt die Bestimmung des Antistreptolysin O-Titers (ASL) heute keinen sinnvollen Bestandteil rheumatologischer Basisuntersuchungen mehr dar.

Parvorvirus B 19, der Erreger der Ringelröteln (Erythema infectiosum), induziert bei Neuinfektionen von Erwachsenen in 60 % der Fälle Arthralgien oder Arthritiden (Kindern: 10 %). Dabei sind Frauen doppelt so häufig betroffen wie Männer.  Zumeist besteht eine akute, symmetrische, periphere Polyarthritis (Dif-ferentialdiagnose: Rheumatoide Arthritis und Kollagenosen!) und befällt die Metacarpophalangealgelenke (MCP, 75 %), proximalen Interphlangealgelenke (PIP, 75 %), Knie (65 %), Handgelenke (55 %) und Fuß-knöchel (40 %). Schmerzen und Gelenkschwellung dauern meist wenige Wochen an, in seltenen Fällen  auch intermittierend über Jahre an [28]. C-reaktives Protein und Blutsenkungsgeschwindigkeit bleiben zumeist im Referenzbereich. Hauptzielzellen von Parvovirus B19 stellen die Erythroblasten dar, besonderes Augenmerk sollte daher Blutbildveränderungen (mind. 3 - 4 Monate post infectionem) gelten, insbesondere bei vorbestehender Anämie (aplastische Krisen möglich!) wichtig. Zur notwendigen Laboranalytik[29] vgl. Anhang Rheumatologische Stufendiagnostik.

Wichtige extraartikuläre Symptome rheumatischer Erkrankungen

Dysphagie, Globusgefühl

Aus rheumatologischer Sicht kommen in erster Linie

  • Sklerodermie
  • CREST-Syndrom 
  • Mischkollagenose
  • SJÖGREN-Syndrom 
  • Fibromyalgie

in Frage. Differentialdiagnostisch sind u. U. Autoimmunthyreoiditiden bedeutsam, in diesen Fällen ist die Untersuchung auf Schilddrüsenautoantikörper (gegen Thyreoglobulin/TAK, Mikrosomen bzw. Thyreoidea-Peroxidase/MAK bzw. TPO und TSH-Rezeptoren/TRAK) hilfreich.

Dyspnoe

Nach Ausschluss v. a. cardiopulmonaler oder neoplastischer Ursachen sind rheumatologisch relevant:

  • Vaskulitiden
  • Rheumatoide Arthritis (Kaplan-Syndrom)
  • andere Kollagenosen (SLE, Sklerodermie, CREST-Syndrom, Polymyositis/Synthetase-Syndrom)
  • Spondylitis ankylosans
  • Rheumatisches Fieber 
  • Sarkoidose

Beim Kaplan-Syndrom handelt es sich um eine Sonderform der rA bei Patienten mit anamnestischer Silikatexposition/Staublunge.

Erythema nodosum

Das Erythema nodosum ist ein häufiges Begleitsymptom rheumatologisch relevanter Erkrankungen:

  • Sarkoidose (LÖFGREN-Syndrom)
  • reaktive Arthritis 
  • enteropathische Arthritis (M. Crohn, Colitis ulcerosa)
  • Morbus BEHÇET

Der M. Behçet ist eine chronisch wiederkehrende Entzündung mit der klassischen Triade aus Iritis, oralen und genitalen Ulzerationen. Die Diagnosekriterien des M. BEHCET (BEHCET Syndrom Research Commitee of Japan 1972) sind:

  • Rezidivierende orale apthöse Ulcerationen
  • Hautläsionen (Erythema-nodosum, subkutane Thrombophlebitis, Hyperirritabilität)
  • Augenläsionen (rezidivierendende Hypopyon-Iritis, Iridocyclitis, Chorioretinitis
  • Genitale Ulcerationen

Haarausfall (Alopezie)

Als Ursache für Haarausfall kommt im rheumatischen Formenkreis vor allem der

  • Systemische Lupus erythematodes

in Betracht.

Hepatosplenomegalie

Als ursächliche Krankheiten kommen aus rheumatologischer Sicht in Betracht:

  • Rheumatoide Arthritis (insb. Felty-Syndrom, Still-Syndrom)
  • andere Kollagenosen, insbesondere SLE, autoimmune Hepatitis, primär biliäre Cirrhose
  • Vaskulitiden
  • Hämochromatose
  • Sarkoidose

Zur notwendigen Laboranalytik vgl. Anhang Rheumatologische Stufendiagnostik, 2. und 3. Stufe.

Lumbalgien und Lumboischialgien (ISG-Symptomatik)

Wichtigste Erkrankungen mit dieser Symptomatik sind:

  • Spondylitits ankylosans (Morbus BECHTEREW) 
  • Reaktive Arthritis 
  • enteropathische Arthritis (M. Crohn, Colitis ulcerosa)
  • ISG-Arthrose 
  • Rheumatoide Arthritis 
  • Gicht
  • Chondrokalzinose
  • Osteoporose 
  • Hyperparathyreoidismus
  • multiples Myelom
  • Metastasen

Lymphknotenschwellung

Lymphknotenschwellungen werden oft bei hochaktiven rheumatologischen Erkrankungen gefunden:

  • Rheumatoide Arthritis (insb. FELTY-Syndrom, STILL-Syndrom)
  • andere Kollagenosen, insbesondere SLE
  • Vaskulitiden 
  • Sarkoidose (LÖFGREN-Syndrom)

Eine Lymphknotenschwellung vor allem beim LÖFGREN-Syndrom begründet den Verdacht auf ein Lymphom.

Sicca-Syndrom (Mundtrockenheit, Xerophthalmie)

Wichtigste Verdachtsdiagnose ist das

  • SJÖGREN-Syndrom

Das SJÖGREN-Syndrom tritt häufig auch sekundär bei anderen Kollagenosen (insbesondere SLE, rA) auf.

Muskelschwäche, Muskelschmerzen und Muskelatrophie

Myasthenie, Myalgien und Muskelatrophie sind häufige Symptome  von Erkrankungen des rheumatologischen Formenkreises:

  • Poly-/Dermatomyositis
  • Polymyalgia rheumatica
  • Rheumatoide Arthritis 
  • andere Kollagenosen (SLE etc.)
  • Sarkoidose 
  • Borreliose
  • Infektreaktives Geschehen

Differenzialdiagnostisch sind hier u. a. auch endokrinologische Erkrankungen (Hyper- und Hypothyreose, Hyper- und Hypoparathyroidismus, Morbus CUSHING, Morbus ADDISON, Morbus CONN) relevant.

RAYNAUD-Syndrom

Ein sekundäres RAYNAUD-Syndrom tritt häufig auf bei

  • Rheumatoider Arthritis
  • anderen Kollagenosen
  • Vaskulitiden (WEGENER-Granulomatose und Panarteriitis nodosa)

Das primäre RAYNAUD-Syndrom ist weder auf Fingerarterienverschlüsse und noch auf eine Grundkrankheit (z. B. Kollagenose) zurückzuführen. Etwa 80 % Patienten mit RAYNAUD-Syndrom entwickeln keine Kollagenose oder rheumatoide Arthritis. Liegt ein positiver ANA-Befund vor, steigt das Risiko für die Entwicklung einer systemischen rheumatischen Erkrankung von etwa 19 % auf 30 %.